Wer sich die Miete nicht mehr leisten kann – und wer sie sich nicht leisten will

Aufgrund der entgangenen Einkünfte und der Tatsache, dass die Geschäftsflächen nicht genutzt werden können, wollen große Firmen, wie Adidas, H&M und Deichmann im April die Mieten für die von ihnen angemieteten Geschäftsflächen nicht zahlen. Das sind allesamt Firmen, die in den letzten Jahren Milliardenumsätze gemacht haben und aufgrund der Schließung nicht mit Insolvenz rechnen müssen. Es sind aber auch jene Firmen, die sich die Freiheit, keine Miete zu zahlen einfach herausnehmen, ohne sich vor rechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Es sind jene, die ohne mit der Wimper zu zucken, ihre Verluste vergesellschaften und ihre Gewinne an milliardenschwere Aktionär_innen ausschütten (oder selbst einbehalten).

Das gilt im Übrigen auch für die Immobilienwirtschaft. Auch die Besitzer_innen der Einkaufszentren können sich ohne Probleme den Entgang der Miete leisten. Die Immobilienbrache ist ein hoch spekulativer Bereich in dem horrende Einkünfte generiert werden können. Die Schieflage zwischen Mieter_innen und Vermieter_innen zeigt sich jedoch im Bereich im Wohnbereich:

Vor allem im privat vermieteten Sektor sind die Mieten für Wohnungen in den letzten Jahren massiv gestiegen. Diese Mieter_innen sind es auch die nunmehr, in Zeiten der Krise, am stärksten gefährdet sind, ihre Wohnung zu verlieren oder in die Schuldenfalle zu rutschen, wenn sie ihre Miete aufgrund geringere Einkünfte oder Einkommensverlust durch Arbeitslosigkeit in Folge von CORONA, nicht mehr zahlen können.

Wiener Wohnen hat Delogierungen in den Wiener Gemeindebauten derzeit ausgesetzt. Und es gibt auch ein Anraten der Politik an private Vermieter_innen Mieter_innen, die ihre Miete nicht mehr begleichen können, nicht vor die Tür zu setzten. Ein Gesetz, dass Delogierungen derzeit unterbinden, gibt es jedoch nicht. Stattdessen wird an die Solidarität und das Verständnis der Geschäftsflächen- und Wohnungseigentümer_innen appelliert Stundungen der Miete zu vereinbaren, sollte die fristgerechte Zahlung nicht möglich sein.

Aber was, wenn die Quarantäne vorbei ist und die Mietschulden, die sich aufgrund geringerer Einkünfte angesammelt haben, weiterhin vorhanden sind? Wer jetzt kein Geld hat, die Miete zu begleichen, wird es auch nach dem Ende der Quarantäne nicht haben, wenn Vermieter_innen sich nicht mehr solidarisch zeigen und Delogierungen wieder einsetzten.

Den Vermieter_innen steht, wie der Eigentümer- und Vermieterverband in einer Aussendung bekannt gibt, 5-Mio.-Euro zur Verfügung, um etwaige Ausfälle abzudecken.[1] Warum also, werden anfallende Mietschulden (oder zumindest ein Teil dessen) nicht einfach aufgehoben? Warum werden nur Stundungen vereinbar, durch welche Betroffene drohen in die Schuldenspirale zu rutschen.

Wir forderten bereits vor der Krise, Mietobergrenzen, die Wohnraum sichern und leistbares Wohnen garantieren. In der Krise ist die Wohnraumsicherung umso wichtiger. Und diese muss bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Miethöhe in bestehenden Mietverhältnissen, der Einführung von Mietobergrenzen (orientiert an den Miethöhen im gemeinnützigen Segment) sowie einer generellen Stärkung des Mieter_innenschutzes beginnen. Auch nach dem Ende der Corona-Maßnahmen darf es nicht zu Kündigungen und Delogierungen von Mieter_innen und Kleingewerbetreibenden kommen.

 

[1] https://www.vienna.at/kein-geld-fuer-die-miete-ratenzahlung-kann-helfen/6564888