Auf ein Umdenken bei den Eliten ist nicht zu hoffen

Ansprache von Leo Gabriel am 1. Mai auf dem Wiener Rathausplatz bei der ersten zugelassenen Versammlung nach Ausbruch der Pandemie

Wir haben uns heute, am 130. Jahrestag des Massakers an den ArbeiterInnen von Chicago hier versammelt, um uns jenes Wertes zu besinnen, der immer schon das Lebenselixier aller fortschrittlichen sozialen Kräfte ausgemacht hat: die SOLIDARITÄT. Die Solidarität ist ein Wert, der in unserer Kultur zwar nach wie vor tief verwurzelt ist – wie sich zum Beispiel 2015 beim Ansturm der MigrantInnen gezeigt hat, als auf dem Heldenplatz hunderttausend Menschen demonstrierten, um für die Rechte der Migrantinnen und Migranten einzutreten.

Andererseits hatte es eines enormen Drucks der Arbeiterinnen und Arbeiter des Gesundheitssystems bedurft, um zu verhindern, dass die Spitäler im Namen der von der EU verordneten Austeritätspolitik kaputt gespart werden. Wenn es damals nicht diesen Widerstand gegeben hätte, wären auch wir in Österreich in den engen Gassen von Berlusconis Privatisierungswahn gelandet und hätten jetzt Tausende Opfer der Pandemie zu beklagen.

Wer allerdings denkt, dass den Politikerinnen und Politikern  nach Jahrzehnten der Austeritätspolitik, der Privatisierungswellen, beispielloser Korruption und Rüstung à la Eurofighter endlich ein Licht aufgegangen wäre;  und wer glaubt, dass die derzeitige Krise sozusagen automatisch als Chance für eine längst fällige Zeitenwende begriffen, der irrt sich gewaltig. Denn bisher hat die Krise bei den Regierenden vielmehr dazu geführt, ihren ohnedies schon vorhandenen Autoritarismus zu stärken und quasi diktatorische Maßnahmen zu setzen, von denen viele der österreichischen Verfassung als auch den Grundsätzen der international  verbrieften Menschenrechtskonventionen widersprechen.

Dabei beziehe ich mich nicht nur auf die Aussperrung der Pflegerinnen und die skandalöse Ablehnung, Flüchtlingskinder von den völlig überlasteten Lagern in Griechenland zu übernehmen. Ich meine damit auch das bis zum heutigen Tag währende Versammlungsverbot, das verhindern sollte, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre legitimen Rechte einfordern können.

Wir stehen heute hier, um zu sagen, dass diese Regierung endlich mit ihrer Menschen verachtenden Asylpolitik und ihrem Naheverhältnis zu den rechtsextremen Visegrad-Staaten endlich aufhören und einen breit angelegten Diskussionsprozess zulassen soll, der nicht nur rhetorisch, sondern auch tatsächlich die Interessen jener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertritt, die durch die diktatorisch gehandhabten Verordnungen unter die Räder gekommen sind. Dabei handelt es sich nicht nur um die so genannten systemerhaltenden ArbeitnehmerInnen, sondern um alle, die durch die schlecht kalkulierten Maßnahmen der Regierung die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schnellen ließen.

Wir stehen aber auch hier, um zu verhindern, dass die Bundesregierung die Interessen der Big Pharma vertritt, die wie Kaninchen auf das Milliardengeschäft mit den Impfungen starrt, während sie andere daran hindert, die Pandemie durch wirksame Arzneimittel zu bekämpfen.

Kurz: Wir fordern einen Umbau der Gesellschaft von unten nach oben, im Interesse der eigentlichen Opfer dieser Krise, denen wir am heutigen Tag der Arbeit gedenken.

Hoch die internationale Solidarität!

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