In Bezug auf CETA hat HC Strache nun Christian Kern als Bauchfleckkünstler abgelöst - und wohl einen Geschwindigkeitsrekord im Umfallen aufgestellt.
Für den Rechtsextremismus kennzeichnend ist zweierlei: einerseits seine Bereitschaft, für die Durchsetzung von Herrschaftsinteressen zu brutalsten Mitteln zu greifen; andererseits seine völlige inhaltliche Beliebigkeit, wenn es diesen Herrschaftsinteressen dienlich ist. HC Strache & Co haben letzteres anhand der Auseinandersetzung um das Freihandelsabkommen CETA wieder einmal vorgeführt, indem sie die Menschen, insbesondere ihre Wähler an der Nase herumgeführt haben.
Jahrelang simulierten die Blauen Widerstand gegen das EU-Kanada-Freihandelsabkommen und trommelten für eine Volksabstimmung über den in der Bevölkerung unbeliebten Handelsvertrag. Doch kaum kommen sie in die Regierung, löst sich der freiheitliche Widerstand gegen CETA im wahrsten Sinn des Wortes in Rauch auf. Dafür, dass ab 2018 in Österreichs Beisln weiter getschickt werden darf, werden die Freiheitlichen CETA abnicken. Im Bundesrat haben sie bereits für die zu vor heftig abgelehnen Konzernschiedsgerichte votiert.
Grüne Spielfeldverlagerung
CETA ist aber nicht nur ein Exempel, wie der Wählerwille von den Blauen, sondern wie er von allen Parlamentsparteien vorgeführt, ja geradezu verachtet wird: Die Grünen gaben sich zwar als wackere Anti-CETA-Kämpfer, doch als im Herbst 2016 das wallonische Parlament CETA aufzuhalten drohte, da ließ der grüne Frontmann Reimon die Hosen runter: Er werde in Zukunft alles dafür tun, dass über Freihandelsabkommen „nicht mehr auf nationaler oder regionaler Ebene entschieden“ werden könne, sondern nur mehr auf EU-Ebene. Sonst „könnte ja eine Provinz alles blockieren.“ (Michel Reimon, Facebook, 23.10.2016). Sprich: Dort wo die Möglichkeiten, CETA & Co wirklich zu verhindern, am größten sind, sollen die Menschen nix mehr mitzureden haben. Die Entscheidung soll nach Wunsch der Grünen gefälligst dort fallen, wo der Einfluss der Konzerne am größten ist, also in Brüssel. Wie ernst meint jemand den Widerstand, wenn er das Spielfeld dorthin verlagert, wo die Aussichten, erfolgreich Widerstand zu leisten, am geringsten sind?
SP-Führung verhinderte Scheitern von CETA
Doch der entscheidende Anteil am Durchboxen von CETA kommt wohl SPÖ-Vorsitzenden und ex-Kanzler Christian Kern zu. Da auf EU-Ebene in diese Frage Einstimmigkeit notwendig war, hätte er es im Herbst 2016 tatsächlich in der Hand gehabt, CETA zu verhindern. Zuerst ließ er sich in einer parteiinternen Urabstimmung ein überwältigendes Mandat gegen CETA geben – um dann auf EU-Ebene völlig einzuknicken. Doch selbst nach diesem Umfaller gab es immer noch eine „Fenster der Gelegenheit“, CETA zu beerdigen. CETA wurde zwar – entsprechend den antidemokratischen EU-Regeln – bereits ab 2017 „vorläufig angewendet“, muss sich aber im Nachhinein noch die Zustimmung aller nationalen Parlament holen. Wäre CETA noch VOR den Wahlen im Oktober 2017 in den österreichischen Nationalrat gebracht worden, hätte es eine satte Mehrheit gegen CETA gegeben. CETA wäre damit Geschichte gewesen. Denn mit Ausnahme von ÖVP und NEOS hätten alle gegen CETA stimmen müssen, hätten sie nicht riskieren wollen, bei den Wahlen völlig abgewatscht zu werden.
Christian Kern erklärte offenmütig, warum die SPÖ diesen Antrag vor den Wahlen verhinderte: „Im Parlament gibt es momentan keine Chance, einen positiven Beschluss für dieses Freihandelsabkommen zu erreichen. Ich will verhindern, dass das Abkommen … durch eine Ablehnung im Nationalrat als Ganzes scheitern würde.“ (Kronen-Zeitung, 4.10.2017). Er fiel damit auch jene sozialdemokratischen Bürgermeistern in den Rücken, die das erfolgreiche Volksbegehren gegen CETA & Co gestartet hatten, das im Jänner 2017 von über 560.000 ÖsterreicherInnen unterzeichnet wurde. Diese Mehrheit pro CETA dürfte es nun nach den Wahlen geben, weil die Freiheitlichen einen neuen Geschwindigkeitsrekord beim Umfallen absolvieren und HC Strache Christian Kern als Bauchfleckkünstler ablöst. Jetzt darf die SPÖ wieder Opposition mimen.
Schluss mit der Klamaukpolitik!
EU-Kommissionschef Juncker ätzte einst über die Proteste österreichischer Politiker gegen CETA: „Hören Sie mit diesem österreichischen Klamauk auf!“ Kern, Strache & Co haben sich tatsächlich als Klamaukpolitiker enttarnt, die auf der Bühne allerlei CETA-kritischen Faxen machten, während sie hinter den Kulissen daran werkten, das EU-Konzernabkommen CETA an der Bevölkerungsmehrheit in Österreich vorbeizumogeln. Ist damit der Widerstand gegen CETA & Co am Ende? Nein, mit Sicherheit nicht! Vor allem dann nicht, wenn wir daran arbeiten, die Initiative von unten wieder zu erlangen, wie es mit dem Volksbegehren Anfang 2017 gelang. Alle Illusionen in die Klamaukpolitik diverser Parteiführer zu verlieren, kann dabei nur hilfreich sein.
Gerald Oberansmayr
(Dezember 2017) Erstveröffentlichung www.solidarwerkstatt.at
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Petition für eine Volksabstimmung CETA & Co
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