Ich bin Gewerkschafter, ehrenamtlich in der GPA-djp tätig (Vors. IG-Flex Wien, die gegen prekäre, also unsichere und schlechte Arbeitsverhältnisse und Arbeitsplätze auftritt) und auch aktiv im Österreichischen Solidaritätskomitee / Plattform proSV: pro Sozialstaat – pro Sozialversicherung.
Schon vor Corona nahmen prekäre Beschäftigungsverhältnisse immer mehr zu. Im Zuge von Corona sind Hunderttausende Menschen in prekäre Situationen gekommen: 600.000 Arbeitslose, 1,3 Mio. Kurzarbeitende. Aktueller Stand. 500.000 Arbeitslose und 800.000 Kurzarbeitende.
Einkommensverlust: für AL: 45% für KZA: 10 – 20%
Das sollen wir jetzt wie man uns sagt wegen Corona erdulden und uns einmalig mit 450 Euro für Arbeitslose oder für Familien mit 350 Euro pro Kind begnügen?
Haben wir Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, die schlecht bezahlten Jobs in z.B. Pflege oder Handel, die schon seit Jahren zunehmende Arbeitslosigkeit wegen Corona? Nein!
Schon lange vor Corona, spätestens seit der Finanzkrise 2008, hat sich die Wirtschaftskrise weiter verschärft, wurden massiv Löhne und Gehälter gedrückt, Arbeitsrecht und Kollektivverträge ausgehebelt (Laudamotion, AUA, Sozialwirtschaft usw.) und Menschen arbeitslos gemacht.
Die Wirtschaft und die von ihr abhängige Politik nimmt die Corona-Pandemie als Anlass, die Wirtschaftskrise als „Coronakrise“ hinzustellen. WIFO-Chef Badelt verlangte einen Virenschutz für die Wirtschaft.
Von der „Machtübernahme durch das Virus“ wird gesprochen (Kurier, 10.5.20). Man habe durch Corona gesehen, „wie viel Nachholbedarf man in Sachen Digitalisierung“ habe. Man habe durch Homeoffice gesehen, „um wieviel effizienter ein Betrieb zu organisieren ist“, weshalb jetzt Corona-Arbeitslose und Corona-Kurzarbeiter „nicht mehr in ihre früheren Jobs zurückkehren können“ (andere Jobs wird es kaum geben, Anm. d. Red.), weil sich die Firmen die Lohnkosten schlicht nicht mehr leisten können oder wollen. Und weil im Windschatten der Krise die Trennung von Mitarbeitern, die schon länger nicht mehr den Ansprüchen gerecht wurden, leichter fällt.“ (Kurier, 10.5.2020).
Der Handel (immerhin 500.000 Beschäftigte) werde nie mehr so viel Personal wie vor Corona brauchen, (gesteigertes E-Commerce werde nicht mehr zurückgefahren), … die Folge: ein hoher Sockel an Dauerarbeitslosigkeit. (IV-Chefökonom Christian Helmenstein, Kronen Zeitung, 18.4.2020).
Wir sollen in Bezug auf Pandemien wie schon bei anderen durch die Profitwirtschaft heraufbeschworenen Bedrohungen wie Atom-Super-GAUs, Blackouts, Überflutungen, Trockenheit, Hunger, Kriege usw. an das scheinbar „Unvermeidliche“ gewöhnt werden.
Wir sollen an die immer größer werdende Unmenschlichkeit dieser Art des Menschen und Natur ausbeutenden Wirtschaftens „angepasst“ werden. Und sind wir nicht willig, dann sollen wir mit Verbreitung von Angst- und Schrecken (Kurz 100.000 Tote in Österreich drohen), mit Überwachung und Innenminister-Pollizei-Diktat dazu gebracht werden. Begründet wird diese Vorgangsweise mit Schutz und Sicherheit, Rettung von Menschenleben. Klar, wer will da noch etwas dagegen sagen!?
Doch nicht nur Seuchen töten, auch Wirtschaftskrisen. So sagt der Wirtschafts-wissenschaftler Arno Tausch: „In der Eurozone führten die 2008er-Krise und die Krisen danach zum frühen Tod von 1,76 Millionen Menschen.“ (Wiener Zeitung, 26. 5. 2020).
Kurz und viele andere Regierungen haben die Corona-Pandemie auch dazu genutzt, sozusagen einen Feldversuch einer Führer-„Demokratie“ durchzuproben. Kurz hat während der Corona-Pandemie klar gemacht, dass er sich nichts dreinreden lassen will. Die Grünen dienen ihm als demokratisches Behübschungs-Feigenblatt. Kogler darf poltern, Anschober beruhigen.
Was Sache ist, entscheidet der engste Beraterstab von Kurz. Und was lässt dieser Kurz sagen: „Konsumieren, essen, einkaufen gehen ist wichtig für den Wirtschaftsstandort“ (orf.at News, 3.7.20). Was für ein Menschenbild. Der Mensch degradiert zum Nutztier der Wirtschaft. Widerlich!
Hätten wir uns das ohne Corona alles gefallen lassen? Mit Corona wird zugleich vieles zugedeckt, z.B.:
In Österreich gehört rund 300 Superreichen über ein Drittel des Finanzvermögens, rund 50.000 Personen haben 55 Prozent.
Die großen Konzerne und Banken nutzen die „Coronakrise“, um sich mit Hilfe des Staates noch mehr zu bereichern. – Die 50 „Corona-Milliarden“ stammen aus unser aller Steuergeld. Rund 85% des Steueraufkommens erbringen die arbeitenden Menschen.
Warum geht das? Weil Staat und Wirtschaft nicht für uns da sind, sondern für die großen Unternehmen und die Vermögenden.
ÖGB und AK fordern ganz und gar berechtigt, dass das Millionärsvermögen in Österreich einen „ganz, ganz großen Beitrag“ leisten müsse, um die Konjunkturprogramme und die Corona-Milliarden zu finanzieren.
Wann soll das eingefordert werden? In der Zeit nach der Krise, ist von ÖGB-Präsident Katzian zu hören. Doch dann kann es zu spät sein.
Keine Abwälzung der Krisenlasten auf die arbeitenden Menschen! Daher muss Druck von unten gemacht werden – JETZT! Die Reichen müssen zahlen!
Es ist genug für alle da, es ist nur völlig ungleich, also ungerecht verteilt!
Die Wirtschaft könnte sofort dem Gemeinwohl dienen, wenn sie nicht dem Profitstreben untergeordnet wird! Nur das dient Mensch und Natur. So ein Klimawandel muss her!
Dafür muss mobilisiert und im Betrieb und auf der Straße gemeinsam und solidarisch eingetreten werden.
Weder noch mehr Polizei, oder noch mehr Militär schützt gegen die Corona-Pandemie, sondern nur eine vorausschauende, ausreichend finanzierte demokratische Sozial- und Gesundheitspolitik!
- Wir brauchen keinen „starken Mann“, wir brauchen keinen autoritären Staat!
- Wir brauchen Millionärssteuern und echte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
- Wir brauchen einen kräftigen, solidarischen Sozialstaat!
- Solidarität ist unsere Stärke, Widerstand unsere Chance!
Wilfried Leisch ist Mitglied des Österr. Solidaritätskomitee / Plattform proSV