Warum wir nicht lockerlassen dürfen

Einladung zum neuerlichen Straßenprotest gegen die autoritäre Gesetzgebung

Nein zum „Terror-Bekämpfungs-Gesetz“!

Am 19.1.21 fand am Wiener Stephansplatz eine Kundgebung in Verteidigung der Meinungsfreiheit statt, an der trotz Lockdown und winterlicher Bedingungen über hundert Menschen teilnahmen. Die politische Plattform des Protests hatte zahlreiche UnterstützerInnen aus sehr unterschiedlichen Bereichen und Richtungen zusammengebracht.

Insbesondere das „Terror-Bekämpfungs-Gesetz“ (TeBG) ist Ausdruck einer autoritären Tendenz, die mit dem Feindbild Islam arbeitet. Der Straftatbestand wäre bereits mehrfach durch andere Gesetze abgedeckt. Doch es ging Kurz & Co darum, es gegen den Popanz zu richten, den sie Politischen Islam nennen. Zwar schafften sie es nicht, wie intendiert, den zweifelhaften Begriff in den Gesetzestext zu bekommen, doch für die Kampagnisierung scheint die Nennung in den Erläuterungen auszureichen. Begleitet wird das von einer in den Änderungen im Islamgesetz noch stärkeren Gängelung islamischer religiöser Einrichtungen. Es handelt sich um eine Ungleichbehandlung, die augenscheinlich verfassungswidrig ist.

Der tiefere Sinn im Allgemeinen: die arbeitende Bevölkerung, die sich vom neoliberalen Regime abzuwenden beginnt, identitär zu spalten, sie gegen einander zu stellen und damit ihre an Konsens einbüßende Herrschaft zu befestigen.

Als Straßenprotest verstehen wir uns als Speerspitze einer verbreiteten Skepsis und Ablehnung der antidemokratischen Gesetzgebung. Neben der Islamischen Glaubensgemeinschaft, einigen progressiven katholischer Stimmen und Repräsentanten kleinerer christlicher Gemeinschaften, haben auch Menschenrechtsgruppen wie Amnesty, VertreterInnen der Zivilgesellschaft, die Arbeiterkammer und insbesondere zahlreiche Exponenten des Justizapparats (Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, etc.) gegen die Gesetzesvorhaben der Regierung Stellung bezogen. Die starke Anlehnung insbesondere in der Justiz zeigt auf welch wackeligem Boden die Gesetzgebung zur Bedienung des Ressentiments steht.

Stellvertretend sei hier die sehr klare und harte Stellungnahme des Religionsrechtlers Richard Potz zitiert, die das Islamgesetz, das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, sowie das Terrorbekämpfungsgesetz betrifft. „Aber auch das zeitgleich zur Begutachtung ausgesandte Terrorbekämpfungsgesetz, bei dem der „Politische Islam“ im Fokus steht, ist Teil eines undifferenziert den Islam betreffenden Maßnahmenpaketes. Damit setzt sich die Tendenz einer Rückkehr zu einer staatskirchenhoheitlichen Aufsicht im österreichischen Religionsrecht fort, das zunehmend mit sicherheitspolizeilichen Logiken kollidiert. Bei fast all den genannten Maßnahmen unterscheiden sich die speziellen Regelungen für islamische Religionsgesellschaften von anderen religionsrechtlichen Spezialgesetzen sehr deutlich. Sie führen zu Paritätsverzerrungen bzw. zu massiven Autonomiebeschränkungen, welche die zulässigen Differenzierungen im Sinne der materiellen Parität („Jedem das Seine“) überschreiten und die Gewährleistung von Religionsfreiheit prinzipiell in Frage stellen.“

Diese gefährliche Einschränkung der Grundrechte setzte schon nach 9/11 mit den berüchtigten Terrorparagraphen §278b ff ein, mittels derer die TierschützerInnen und andere politische AktivistInnen, unter ihnen auch linke und demokratische, verfolgt wurden. Besonders betroffen sind AnhängerInnen von politischen Bewegungen in der globalen Peripherie, die gegen eine neokoloniale Situation kämpfen und deswegen in ihren Herkunftsländern von prowestlichen Diktaturen verfolgt wurden und werden. Bestes Beispiel ist die blutige Sisi-Diktatur in Ägypten, die von Österreich und der EU hofiert wird.

In der gegenwärtigen Corona-Epidemie bilden diese autoritären Momente gemeinsam mit den außerordentlichen Vollmachten der Exekutive eine besonders gefährliche Gemengelage. Es sei nur daran erinnert, wie die Regierung im vergangenen Frühjahr das Versammlungsrecht beschneiden wollte und wie sie es auch jetzt wieder versucht.

Doch die Regierung und die herrschenden Eliten sind nicht allmächtig – im Gegenteil. Erinnern wir uns daran, wie wir beigetragen haben, den Ersten Mai 2020 zurückzuerobern. Setzen wir ihnen Grenzen: die Meinungsfreiheit ist unantastbar! Denn diese brauchen wir, um den dringlichen Bruch mit dem neoliberalen Regime voranzutreiben. Und dieser Kampf wird sich mit dem Auslaufen der Epidemie intensivieren.

Darum kommt am Mittwoch, den 24.2.2021 8h zum Parlament, Josefsplatz, um vor der Nationalratssitzung, bei der die antidemokratischen Gesetze beschlossen werden sollen, unserer Ablehnung Ausdruck zu verleihen.