Wir wollen nicht, dass Corona-Gelder in EU-Steueroasen fließen

Wisst ihr eigentlich, warum wir wütend sind, warum wir eurer Corona-Politik misstrauen?

An die Regierung

Wisst ihr eigentlich, warum wir wütend sind, warum wir eurer Corona-Politik misstrauen?

Nur mehr ein Drittel der österreichischen Bevölkerung sieht die Maßnahmen, die zur Bewältigung der Pandemie getroffen werden, als angemessen. Nur ein Fünftel glaubt, diese Maßnahmen wären effektiv. Und wiederum nur ein Drittel glaubt, die Entscheidungen wären ausreichend begründet.[1] Die konstante Zunahme des Misstrauens gegenüber eurem Corona-Management lässt sich nicht nur durch Corona-Müdigkeit oder Corona-Leugnung oder unsolidarische Bürger erklären, sondern sehr viel durch eure politische Gestaltung der Corona-Krise.

Schauen wir auf wesentliche Aspekte der sozialen Situation. Wie die Caritas aufzeigt, werden ihre Beratungsstellen und Sozialmärkte immer mehr auch von Menschen gebraucht, die sie noch vor einem Jahr nicht aufgesucht hätten. Aber langandauernde Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit lassen den Betroffenen immer weniger die Wahl, wo sie ihre Lebensmittel einkaufen. Zehntausende Klein- und Mittelbetriebe kämpfen auch darum zu überleben, trotz der Staatshilfen, die wegen der Kleinheit oder wegen der relativen Bedeutungslosigkeit dieser Betriebe in der Welt der staatstragenden und systemrelevanten Großunternehmen nicht zu üppig oder stockend oder zu spät gewährleistet werden.

Die Staatshilfen in Milliardenhöhe, in richtig großen Summen, werden woanders ausgeschüttet – dort, wo sie Großkonzerne aus Steuergeld zusätzlich in der Krise bereichern, wie mit dem Fixkostenersatz, der bis zu drei Millionen Euro betragen kann. Für ca. 300 Großunternehmen wie beispielsweise das Signa-Unternehmen von Rene Benko bedeutet das, den Fixkostenersatz für das große Möbelhaus Leiner auf der Mariahilferstraße zu bekommen, obwohl das Möbelhaus konzernintern „vermietet“ wird und so alles Geld im Konzern bleibt. Man kassiert also den Fixkostenzuschuss als Bonus – eine kleine Bereicherung durch Steuergeld, eine große Verhöhnung all der kleine Unternehmen, die sich mit Vermietern wegen der Miete herumschlagen müssen.

Für Boni und Dividenden bei Konzernen, die Staatshilfe/Steuergelder erhalten, wurde für die Ausschüttung  ein „angemessenes Entgelt“ vorgeschlagen. Was heißt angemessen, wenn ein Betrieb wie die AUA mit 450 Millionen unterstützt wird? Wäre es nicht angemessen gewesen zu verlangen, dass mit Staatshilfen unterstützte Unternehmen die Auszahlungen von Boni und Dividenden aussetzen? So wurden also, ob bei AUA, Novomatik oder ÖBB, Dividenden und Boni großzügig verteilt bei gleichzeitiger direkter Staatshilfe in Millionenbeträgen oder staatlich unterstützter Kurzarbeit.

Großspurig wurde verkündet, dass Betrieben, die in Steuerparadiesen der Besteuerung in Österreich entgehen, keine Staatshilfe zustehe. XXXLutz bekam Staatshilfe für die Kurzarbeit von 8500 Beschäftigten und Umsatzersatz im Herbst, obwohl sich der Konzern im Steuerparadies Malta der österreichischen Besteuerung weitgehend entzieht. Überdies hat XXXLutz im Krisenjahr 2020 satte Gewinne gemacht. Trotzdem wurde großzügig Umsatzersatz gewährt.  Starbucks, das einige tausend Euro im Jahr in Österreich Steuern zahlt, wurde mit der Kurzarbeitsregelung und dem Fixkostenzuschuss unterstützt. Es geht weiter mit IKEA und anderen Steuerflüchtigen.

Wie passt das mit der Ankündigung, Steuerflucht nicht mit Steuergeldern zu unterstützen, zusammen? Ganz einfach: Die schwarze Liste mit den Steuerparadiesen beinhaltet nur exotische Orte; Malta oder die Niederlande mit ihren Niedrigsteuern fallen nicht unter die Regelung. Steuerflüchtige Großkonzerne, die sich diese Ziele ausgesucht haben, werden also mit Steuergeld in der Krise belohnt.[2]

Bei all eurer Großzügigkeit bleibt nichts für die über eine halbe Million Arbeitslose übrig? Für diejenigen, denen die Entwicklung des letzten Jahres die Arbeit gekostet hat oder diejenigen, die auf Grund der Lage am Arbeitsmarkt jetzt noch viel schwerer Arbeit finden können? Die speist ihr mit einer Einmalzahlung von 350 Euro ab!  Das ist beispiellose Verhöhnung und Verachtung angesichts der Milliarden, die ihr für eure Eliten zur Verfügung habt! Kaltschnäuzig nehmt ihr den Anstieg von Armut in Kauf! Wir fordern zumindest eine Abfederung der Armutsspirale!  

Für eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 80%!

Gegen die geplante schrittweise Absenkung der Nettoersatzrate bei längerem Bezug!

 

Elisabeth Linder ist pensionierte AHS-Lehrerin in der Wiener Leopoldstadt

 

[1] Analytiker Peter Filzmaier in: Ö1, Journal Panorama, 3.2.2021

[2] Informationen aus: Gute Nacht, Österreich. ORF, 23.1.2021