Die Wiener „Bildungsreform“ – ein Ansatz zur Verwaltung des Mangels

Schulen sind in Folge des Lockdown zu einer fragilen, zunehmend in Frage gestellten Institution geworden. Anstelle des LernRAUMs trat während des Lockdowns der virtuelle Raum

Die Erfahrung kollektiven Lernens in der Schule – mit Kolleg:innen und angeleitet und unterstützt durch Lehrkräfte  - wurde durch individuelle zu erarbeitende Lernblätter, Online-Unterricht und Hilfe durch Eltern (und Nachhilfekräfte) ersetzt. Die Folge dessen ist eine in diesem Schuljahr massiv wahrzunehmende Vertiefung ungleicher Bildungschancen. Während jene, deren Elternhaus sie unterstützten konnte, die Phase des Zuhause Lernens überwiegend gut bewältigen konnten, finden Kinder aus Familien, deren Eltern weniger Ressourcen aufbringen konnten um sie zu unterstützen, oft keinen Halt. Auch psychische Belastungen werden unter den Kindern und Jugendlichen vermehrt berichtet. 

Es scheint nun, die rot-pinke „Zukunftskoalition für Wien“ hat aus dieser Erfahrung des Mangels Ihr ganz speziellen Lehren gezogen. Anstelle im Zuge der mit Herbst 2021 in Kraft tretenden „Bildungsreform“ für Wien dringend nötige zusätzliche Ressourcen im schulischen Bereich aufzubringen (für kleinere Klassen, Stützlehrkräfte, zusätzlichen Förderunterricht, psychologische Betreuung,…) wurden bei einer steigenden Zahl an Kindern und Bedarfen im Verhältnis zur Zahl der  Schüler:innen in Wien gleichbleibende Ressourcen umverteilt. Interessent ist, dass nicht einmal bei jenen Schulstandorten, die auch laut den Bildungsdirektion mit „besonderen Herausforderungen“ konfrontiert sind, z.B. wegen einer vergleichsweise größeren Zahl an Kinder, deren Eltern weniger Ressourcen aufbringen können, um diese zu unterstützen oder über den Elternverein standortspezifische Projekte zu verwirklichen, durch die Umverteilung mehr Lehrkräfte erhalten.

Wenn solche Schulen kleinere Kassen haben (weniger als 25 als Schüler:innen), erhalten sie ebenso weniger Stundenkontingente für Lehrpersonal. Denn das Stundenkontingent an Lehrkräften bemisst sich an einer angenommenen Zahl von 25 Schüler:innen pro Klasse. Für die auf Basis der Gesamtschüler:innenzahl an der Schule berechnete erwartete Klassenanzahl bekommt die Schulleitung schließlich Personalressourcen. Das fördert vor allem große Klasse – aber keine guten Betreuungsschlüsse für Kinder.

Mit der Reform von Widerkehr sind insbesondere reformpädagogische Projekte im öffentlichen Schulsystem, Schulen mit Inklusionsklassen und verschränkte Ganztagsschulen von Kürzungen betroffen. Das auch, da Kinder, die einen erhöhten Förderbedarf haben, nicht mehr wie bisher, fiktiv zwei Schulplätze besetzen, sondern einen. Auch Inklusionsklassen werden daher bis zum Bersten befüllt.  Gleichzeitig behält sich der Bildungsstadtrat 1 Million für „Innovationsprojekte“ an Privatschulen auf, die als „Leuchttumprojekte“ für eine kleine Elite Bildungsprojekte der Zukunft ausprobieren dürfen.   

Einmal mehr zeigt sich: Das Geld ist da, es wird nur nicht dort eingesetzt, wo es allen zu Gute kommt. 

Wir wollen keine Reform, die den Mangel verwaltet. Wir wollen Investitionen in die Zukunft aller Kinder und genügend Ressourcen für

  • Genügend Lehrkräfte pro Klasse und Tandemunterricht in allen Klassen 
  • Kleine Klassen
  • Verschränkte Ganztagesbetreuung
  • Mehr Ressourcen für schulpsychologische Begleitung an den Schulen