demokratisch - sozial - souverän - neutral
Kundgebung 26. Oktober 2018
Aufruf
beschlossen auf der Aktionskonferenz am 28. April 2018 in Linz
Eine seltsame Unruhe scheint die Gesellschaft zu beherrschen. Auf allen Kanälen, aus allen Zeitungen schallt es: Wenn wir jetzt nicht die dringenden Reformen angehen, werden wir unaufholbar zurückfallen. Wichtig erscheint nicht die Frage, was reformiert wird und wohin reformiert wird, sondern dass reformiert wird, aber radikal. Reformen müssen wehtun, lautet ein Standardspruch der Leitartikler. Wir sparen am System, nicht bei den Menschen, verkündet die Regierung und die medial vermittelte Kritik beschränkt sich auf die Frage, ob dem auch wirklich so sei. In allerlei Strukturen müsse mit der Brechstange eingebrochen werden.
Die tiefe Krise der Jahre 2007ff findet ihre Ursache in der fortgesetzten Umverteilung von unten nach oben, den wachsenden Ungleichgewichten im internationalen Handel und den damit verbundenen Unsicherheiten auf den Finanzmärkten. Nicht Marktkräfte haben bewirkt, dass aus dieser Krise keine Katastrophe wurde, sondern das Eingreifen von Regierungen und Notenbanken. Jetzt, wo die unmittelbare Gefahr gebannt scheint, soll das ursprüngliche neoliberale Programm noch radikaler fortgesetzt werden.
Das Gezeter um die dringenden Reformen dreht sich im Wesentlichen um folgende Punkte:
* Verschärfung der Konkurrenz: Alle Gesellschaften, alle Staaten, jeder Einzelne befinde sich in einem gnadenlosen Wettbewerb. Wer jetzt nicht das Fitnessprogramm für diesen Wettbewerb absolviert, werde nur noch die Bremsleuchten des Innovationszuges, der über die Welt zieht, betrachten können.
* Kürzung des öffentlichen Anteils an der Wirtschaftsleistung
* Forcieren des Freihandelsregimes über bilaterale und supranationale Verträge und Institutionen.
* Steuererleichterungen für Konzerne und Reiche
* Aufrüstung und Militarisierung der Außen- und Sicherheitspolitik
* Entdemokratisierung. Es darf keine Altenative zum herrschenden neoliberalen System geben. Beschränkung der Selbstverwaltungskörperschaften, mehr Durchgriffsrechte für die Regierung.
Diese Reformen lehnen wir entschieden ab.
Wir wollen ein lebenswertes Österreich!
* ein demokratisches Österreich: eine Gesellschaft, in der alle, die mit ihr ihre Lebensinteressen verbinden, an der gemeinsamen Willensbildung teilhaben können und die auf der Grundlage der Geschlechtergerechtigkeit beruht. Demokratie heißt, Alternativen zum neoliberalen Konkurrenzregime formulieren und durchsetzen können. Demokratie bedeutet Bruch mit dem Dogma des schlanken Staates und dem Freihandelsdogma. Demokratie erfordert den Bruch mit der Unterordnung unter Einrichtungen, die den neoliberalen Umbau vorantreiben, insbesondere der EU-Bürokratie. Das erfordert aber auch den Bruch mit einem politischen Establishment, das die Enttäuschten gegen Feindbilder laufen lässt und damit im Kreise führt, während es Politik im Interesse der Machteliten durchsetzt.
* ein soziales Österreich: eine Gesellschaft, die die kollektiven Rechte der Arbeitenden respektiert und schützt. Schluss mit dem Konkurrenzdiktat, das die Gesellschaft spaltet, und Gruppen von Menschen an den Rändern gezielt in den Abgrund treibt. Wir wollen eine Politik, die die Produktivitätsgewinne nicht in Exportschlachten und der Anhäufung parasitären Reichtums verbrennt. Schluss mit der Umverteilung von unten nach oben. Schluss mit den Steuergeschenken für Konzerne und Reiche. Wir brauchen den Ausbau öffentlicher Leistungen in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Bildung, Wohnen und menschengerechter Umwelt, damit sie allen zugute kommen.
* ein souveränes Österreich: Unsere Ziele können nur wirksam werden, wenn wir sie auf einen konkreten politischen Raum beziehen. Demokratie und Sozialstaat können nur realisiert werden, wenn wir ein selbstbestimmtes Österreich durchsetzen. Souveränität bedeutet die Unterordnung unter die Freiheit des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Arbeitskräfteverkehrs in Frage stellen zu können. Souveränität bedeutet für uns nicht Abgrenzung und Isolation. Wir wollen weltoffen anderen Gesellschaften auf gleicher Augenhöhe gegenübertreten, aber über die Gestaltung unserer Gesellschaft selbstbestimmt entscheiden.
* ein neutrales Österreich: Das erfordert das Ende des Mitmarschierens bei Großmächten und Militärblöcken wie EU und Nato, die eine auf Ungleichheit und Gewalt aufgebaute Weltordnung absichern. In der Neutralität erkennen wir die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen neutralen und nach Souveränität strebenden Staaten, zum Frieden und zu gerechteren internationalen Beziehungen beizutragen.
Insbesondere fordern wir:
1. Achtung vor dem Achtstundentag. Nein zum 12h Tag und zur Deregulierung der Arbeitszeit. Achtung vor den Kollektivverträgen und den Gewerkschaften. Schluss mit den Angriffen auf Arbeiterkammern, Sozialversicherungen und Arbeitsinspektoraten. Maßnahmen gegen Prekarisierung und dem Unterlaufen arbeitsrechtlicher Standards durch Arbeitskräfteentsendungen im EU-Binnenmarkt. Anhebung und Durchsetzung der Mindestlöhne. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
2. Anhebung der Nettoersatzrate bei Arbeitslosigkeit, keine Kürzungen und Verschärfungen bei den Zumutbarkeitsbestimmungen. Anhebung der Mindestsicherung auf die Armutsgefährdungsschwelle.
3. Entschiedene Maßnahmen gegen das Unterlaufen sozial- u. arbeitsrechtlicher Standards durch Entsendungen von Arbeitskräften im EU-Binnenmarkt. Investitionen in die aktive Arbeitsmarktpolitik und Attraktivierung vieler Berufe statt Öffnung der Mängelberufsliste
4. Leistbare Mieten. Mietzinsobergrenzen im Altbaubestand. Mehr Mittel für den sozialen Wohnbau.
5. Ein menschengerechtes Wohnumfeld. Schluss mit der Zerstörung von Landschaft und Städten durch immer neue Transitschneisen. Vorrang für den öffentlichen Verkehr, den Fußgänger- und Radverkehr. Nein zu den EU-Richtlinien zur Liberalisierung des Bahnverkehrs. Verweigerung von umweltfeindlichen EU-Richtlinien wie z. B. bezüglich Glyphosat.
6. Leistungsfähige öffentliche Systeme. Besonders in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Bildung, ökologische Wende braucht es eine Stärkung der öffentlichen Kassen. Das erst ermöglicht die Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit. Keine Schuldenbremse, Nein zum EU-Fiskalpakt. Integration der Pflege in die Sozialversicherung.
7. Stärkung des öffentlichen, kommunalen und genossenschaftlichen Eigentums bei Unternehmen der öffentlichen Infrastruktur, strategischen Industriebetrieben und Finanzunternehmen.
8. Keine Steuergeschenke an Konzerne und Wohlhabende
9. Volksabstimmungen über neue Freihandelsverträge. Schluss mit dem Freibrief zur Aushandlung von Freihandelsverträgen für die EU-Kommission
10. Stärkung der Selbstverwaltung der Kommunen und Sozialversicherungen. Kein Absenken des Beitrags der Unternehmen zur Unfallversicherung. Keine Zerschlagung der AUVA!
11. Achtung der Bürger- und Menschenrechte! Kein weiterer Ausbau des Überwachungsstaates!
12. Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention! Ausstieg aus Dublin III und Frontex! Sichere Fluchtwege durch Wiedereinführung des Botschaftsasyls! Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flüchtlinge!
13. Gleiche Rechte für alle in Österreich lebenden Menschen. Schluss mit der Hetze gegen Minderheiten, besonders auch den MuslimInnen.
14. Ausstieg aus der EU-SSZ! Aufhebung des Kriegsermächtigungsartikels 23j im BVG. Ausstieg aus der EU-Rüstungsagentur und keine Unterordnung unter den Auswärtigen Dienst der EU. Aufkündigung der Nato-Partnership for Peace. Ausstieg aus dem EU-Sanktionenregime gegen missliebige Staaten.
15. Wir fordern eine friedensstiftende Außen- und Sicherheitspolitik auf Grundlage der Neutralität.