Das Personenkomitee „Selbstbestimmtes Österreich“ veranstaltete am 28.6 eine Diskussion zur Frage wie die Mietpreise in Österreich im Zaum gehalten werden und das Grundrecht leistbaren Wohnens in der Stadt gesichert werden können. Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der MieterInnenvereinigung in Wien, Elke Kahr (KPÖ), ehemalige Stadträtin für Wohnbau der Stadt Graz, Initiatorin und Betreiberin des MieterInnennotrufs und Cornelia Dlabaja, Stadt- Wohnbau und Ungleichheitsforscherin, sowie AktivistInnen der Initiative #mietenrunter (Stefan Ohrhallinger, Irina Vana) bezogen dort zu den drohenden Angriffen auf MieterInnenrechte, die im Regierungsprogramm angekündigt sind Stellung. Sie wiesen auf das Problem der seit Jahren steigenden Wohnkosten und der wachsenden sozialen Ungleichheit hin. Die DisskutantInnen waren sich einig, dass öffentliche Wohnpolitik wichtig ist um Chancengerechtigkeit herzustellen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und darf nicht den Interessen von Spekulation und privatem Profit zum Opfer fallen. Daher ist es nötig, Mietobergrenzen einzuführen und dass Städte und Gemeinden leistbaren Wohnraum schaffen. Somit kann bestehender Wohnraum gesichert werden und die Gemeinden nehmen ihre Pflicht, den Städtebau aktiv mit zu gestalten wahr und geben ihre Kompetenzen nicht an private Investoren ab, die daraus Profit generieren.
Elke Kahr berichtete von den Errungenschaften für MieterInnen im kommunalen Wohnbau, die die KPÖ-Graz durch ihre jahrelange, engagierte Arbeit in Graz durchsetzen konnte. Wohnpolitik ist einer der wichtigsten Aspekte der Sozialpolitik, betont Elke Kahr. Es ist daher für Gemeinden und Städte eine der dringlichsten Aufgaben leistbaren Wohnraum zu sichern und herzustellen. Durch entsprechende Flächenwidmungen für kommunalen Wohnbau können diese Investitionen in dem Bereich absichern.
Sie betont, wie wichtig es ist die Bedürfnissen der Mieter und Mieterinnen zu erfassen, ihnen zuzuhören und mit diesen gemeinsam, günstigen Wohnraum stadtweit zu sichern. Dazu muss der Zugang zu kommunalen Wohnbau niederschwellig sein. Sie berichtet, dass durch die Anhebung der Zugangsschwelle in Graz unter der momentanen Stadtregierung und das Fehlen von Übergangswohnungen, das private Beherbergungswesen boomt. Private BeherbergungsvermieterInnen können sich dadurch an der Not der Wohnungssuchenden eine goldene Nase verdienen.
Elke Hanel-Torsch betonte, dass das Regierung in ihr Programm wesentlich die Interessen der Immobilienwirtschaft aufgenommen hat, die Forderungen der MieterInnenvertretung jedoch ignoriert. Wichtig für die Sicherung der MieterInneninteressen sind aus ihrer Sicht eine Regulierung des Mietpreises. Sie stimmt Elke Kahr zu wie wichtig der kommunale Wohnbau ist um genügend leistbarer Wohnraum in der Stadt zu sichern. Der Kampf der MieterInnenvereinigung in Wien wird sich daher in der kommenden Zeit wesentlich gegen die geplanten Lagezuschläge in Gründerzeitvierteln richten, welche eine weitere Preissteigerung und Deregulierung der Kosten im privaten Wohnungssegment mit sich bringen werden. Denn die Abschaffung des Lagezugschlagsverbotes wird dort zu einer massiven Mietpreissteigerung führen und dazu, dass die MieterInnen aus ihren Stadtvierteln verdrängt werden. Sie machte außerdem deutlich, dass die Lagezuschläge eine Bereicherung Privater durch die Investitionen der öffentlichen Hand – also von uns allen – ermöglichen. Denn Lagezuschläge, werden aufgrund der vorhandenen Infrastruktur im Bezirk gewehrt, welche von den Kommunen bezahlt werden. Sie wies darüber hinaus auf die Gefahr des von der Regierung geforderten „Gehaltsstripteas“ in Gemeindebauten hin.Alle Menschen im Gemeindebau müssen die Möglichkeit haben in diesem ohne die Unsicherheit einer Aufkündigung der Miete zu leben. Die hohe Zahl an Gemeindebauten, in denen auch Personen mit mittlerem Einkommen wohnen können, verhindert die Bildung sozialer Brennpunkte. Elke Hanel-Torsch wies in diesem Zusammenhang auch auf das Problem kürzerer Befristungsmöglichkeiten in privaten Wohnungen hin. Bereits heute sind die befristeten Wohnungen – obschon sie im Verhältnis zu unbefristeten günstiger sein sollten – für MieterInnen vergleichsweise teuer. Oftmals trauen sich diese nicht ihre Rechte einzufordern, da sie fürchten, dann auch der Straße zu stehen.
Stefan Ohrhalliger arbeite in seinem Beitrag heraus, wie durch die Verhinderung von Spekulation mit Wohnraum, leistbare Mieten auch im privaten Mietsektor gesichert werden können. Er argumentierte, dass bei Neubauten, nach der Ausfinanzierung der Baukosten, dauerhaft geringe Mieten möglich sind.
Cornelia Dlabaja bestätigte wie wichtig der kommunale Wohnbau und Mietpreisregulierungen sind, um der sozialen Segregation in der Stadt entgegen zu wirken. Derzeit sind die Gründerzeitviertel jenen Bereich der Stadt Wien, in denen eine soziale Vielfallt, wie sie für die Stadt wünschenswert ist, noch vorhanden ist, führt sie aufgrund ihrer Forschungsexpertise aus. Mit dem Fall des Lagezuschlagverbots wird sich das massiv ändern. Zurückblickend auf die Geschichte Wiens führt sie an, dass das Groh der Gemeindebauten in Wien nicht zu einer Zeit entstand, als die Stadt viel Geld zur Verfügung hatte. Sie entstanden in einer Zeit, als die Stadt den politischen Willen hatte über gewidmete Steuern entsprechende Gelder aufzubringen um dem Wohnungselend entgegen zu wirken. Dass der öffentliche Wohnbau zu teuer sei – bzw. Investitionen aufgrund der neoliberalen Diktion der Bindung an ein „Nulldefizit“ durch den EU-Fiskalpackt nicht möglich sind - ist daher eine Farce. Wichtig ist der politische Wille zur Sicherung leistbaren Wohnens. Um dieses Interesse durchzusetzen braucht es eine breite Öffentlichkeit.
Die Teilnehmenden kamen überein, sich für weitere Aktivitäten im September zusammen zu finden. Nächstes Ziel ist es ein breites Bündnis zu schaffen um gegen den Lagezuschlag zu mobilisieren.