Rund 60 Menschen nahmen heute in Wien Favoriten an der vom Personenkomitee selbstbestimmtes Österreich initiierten Kundgebung anlässlich des Tags der Arbeitslosen teil.
Die Rednerinnen und Redner repräsentierten ein umfassendes politisches Spektrum von Aktivistinnen und Aktivistinnen, die sich für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 80% der Nettoersatzrate einsetzten und gegen die Deckelung der der Notstandshilfe, repressive Sanktionen und schikanöse Bestimmungen zur Zumutbarkeit. Nebst Redebeiträgen von Arbeitslosenorganisationen (wie etwa den Aktiven Arbeitslosen) und Betroffenen, gab es Redebeiträge aus dem gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Bereich, von Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern sowie der KPÖ und von Frauenstreik. Zudem sprach eine Mitarbeiterin der MAN Werke, die dort unter anderem eine Unterschriftenaktion startete, um die Schließung der MAN Werke und deren Verlegung nach Polen zu verhindern. Die Beiträge und Forderungen der Rednerinnen und Redner wurden von den Passantinnen interessiert aufgenommen und regten Diskussionen an.
Eröffnet und moderiert wurde die Kundgebung von Leo Xavier Gabriel, Aktivist des Personenkomitees Selbstbestimmtes Österreich und selbst Langzeitarbeitsloser. Er sprach sich nicht nur für eine umfassende Reform der Arbeitslosenversicherung, sondern für einen Wandel in der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik insgesamt aus.
Dass die Forderung nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes dem Wunsch der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung entspricht, macht nicht zuletzt eine Umfrage der Volkshilfe deutlich, die ergab, dass sich 68% der Österreicherinnen und Österreicher für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes aussprechen. Dem wird unter anderem durch die Initiative eines Volksbegehrens Rechnung getragen. Professor Emmerich Talos, der sich im Rahmen der Initiative Arbeitslosengeld Rauf! für ein Volksbegehren engagiert, setzte fort. Ebenso wie Norbert Bauer, Betriebsrat im Bereich des Hotelgewerbes, Aktivist der Solidarwertstatt und Anmelder des Volksbegehrens, betonte er die Dringlichkeit des Themas und seiner Behandlung im Parlament.
Mit dem Arbeitslosengeld halbiert sich das Einkommen von Betroffenen beinahe. Und jede zweite betroffene Person muss mit unter 1,000 Euro im Monat auskommen (12x im Jahr). Diese durch Arbeitslosigkeit ausgelöste Armut wurde in den meisten Redemeldungen kritisiert und die Auswirkungen durch Beispiele problematisiert. Gunther Walden, selbst Langzeitarbeitsloser, zeichnete die prekäre Lebenslage einer arbeitslosgewordenen Alleinerziehenden nach. Ebenso wie Patience Kasai, sich in ihrer Rede gegen die Stigmatisierung von Arbeitslosen wandte.
In mehreren Redebeiträgen wurde insbesondere auf die prekäre Situation von Frauen hingewiesen, deren geringe Absicherung im Falle von Arbeitslosigkeit nicht nur daher rührt, dass sie überwiegend ein geringeres Einkommen haben als Männer, sondern auch daher, dass sie einen Großteil der unbezahlten, gesellschaftlich notwenigen Arbeit übernehmen. Susanne Empacher, Bezirksrätin in Wien Landstraße für die KPÖ, sprach sich daher für eine Neubewertung von gesellschaftlich nötiger Arbeit aus.
Axel Magnus, SozialdemokratInnen gegen Notstandspolitik betonte, dass die Reform der Arbeitslosenversicherung ein wichtiger Hebel ist, um den Lebensstandard der Arbeitnehmerinnen und Angestellten insgesamt zu verbessern. Denn ein höheres Arbeitslosengeld stärkt die Verhandlungsposition von Arbeitslosen und verhindert Lohndumping. Irina Vana, Aktivistin von Selbstbestimmtes Österreich, betonte in ihrem abschließenden Statement, dass diese Reform von einer öffentlichen Investitionspolitik, in Bereichen, die der Mehrheit zu gute Kommen – im Bereich der Bildung, dem öffentlichen Verkehr und im Gesundheitsbereich begleitet werden muss. Denn der Staat kann die Wirtschaft aktiv mitgestalten und Arbeitsplätze schaffen. Es ist höchste Zeit, das zu tun, und die Gelder, die zur Überwindung der Krise verwendet werden, nicht in den Taschen einiger Vorstandsposten verschwinden zu lassen, sondern so einzusetzen, dass sie der Mehrheit der durch die Krise betroffenen Bevölkerung zugutekommen und einen nachhaltigen und langfristigen sozial-ökologischen Wandel befördern.
Irina Vana