Wir kämpfen weiter gegen Freihandel und für Demokratie
Viele dachten, dass nach der Ratifikation auch der Sonderjustiz für Konzernprofite im Nationalrat die Luft draußen sei. Doch der Kundgebung ging es drum, darauf hinzuweisen, dass der Kampf fortgesetzt werden kann und muss, nämlich gegen das Faustrecht des globalen Freihandels. In Favoriten kam die Botschaft gut an, wir erhielten praktisch nur Zustimmung.
Johann Linsmaier, der ehemalige Vorsitzende des Arbeiterbetriebsrats der Voest Linz, wies darauf hin, wie durch solche Abkommen des Sozialstaats und die Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte demontiert würden. Er rief zur Fortsetzung des Widerstands auf, denn die Angriffe kämen am laufenden Band und ihnen könne begegnet werden.
Erwin Leitner, Bundessprecher von Mehr Demokratie, unterstrich die Notwendigkeit von einer Volksabstimmung. Denn ein solcher tiefer Einschnitt in die Grundlagen der Republik, sowohl in demokratischer als auch sozialer Hinsicht, müsse dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden.
Peter Weish, Ökologie, verteidigte die kleinräumige österreichische Landwirtschaft, die ohne Schutz vor dem Weltmarkt nicht bestehen könne. Freihandel schaffe Ungleichheit und Unterentwicklung und fördere dadurch Krieg. Wer Frieden solle, müsse gegen den unregulierten Handel eintreten.
Boris Lechthaler von der Solidarwerkstatt sagte das, was sich die meisten nicht auszusprechen getrauen: das Freihandelsabkommen, das am tiefsten in unser Leben eingreife, sei die EU selbst. Es sei der Taktschläger des Sozialabbaus, der Entdemokratisierung und der Kriegstreiberei. Wer gegen Freihandel eintrete, dürfe von der EU nicht schweigen.
David Stockinger, Vorsitzender des SP Schwechat, berichtete von dem von SP-Basisfunktionären getragenen Volksbegehren, das mehr als 500.000 Unterstützer fand. Dennoch fuhr der Parteiapparat drüber. Auch er rief zur Fortsetzung der Opposition auf.
Gerald Oberansmayr, Autor und Verleger, lenkte die Aufmerksamkeit auf die zweite Lösung der Kundgebung: Kein Freibrief für die EU weitere Freihandelsverträge auszuhandeln. Österreich müsse seine Souveränität zurückgewinnen, denn nur in diesem Rahmen seien die soziale Rechte zu verteidigen und Demokratie wiederherzustellen.
Wilhelm Langthaler von Euroexit, der die Kundgebung moderierte, warnte vor Jefta, einem ähnlichen Abkommen mit Japan, das gleich im Juli von der EU beschlossen werden wird. Die Konzern-Justiz gegen den Sozialstaat soll dann später unter Ausschluss der Öffentlichkeit nachgeschoben werden, um den Widerstand wie bei Ceta zu minimieren.
Am gleichen Ort wird am 27. Juni abermals eine Kundgebung stattfinden, nämlich am Vorabend zur letzten Beschlussfassung im Bundesrat. Dort könnte die SPÖ, die über ein Drittel der Stimmen verfügt, dem Ceta-Panzer noch ein Problem machen, wenn man argumentiert, dass es für die auf Aufgabe von so viel Souveränität einen verfassungsmäßige Zweidrittel-Mehrheit bedürfe.
Dank geht an Samba-Attac, die mit ihren Trommeln für Stimmung sorgten, sowie an den Tuba-Künstler Frida mit seinem Rap für die Neutralität.
Die Moral von der Geschicht kam von einem zum Kundgebungsteiler gewandelten Passanten, der den Autor fragte, was denn passieren würde, wenn trotz Beschlussfassung in Zukunft Österreich entscheiden würde, die Verträge nicht mehr zu beachten.
Wilhelm Langthaler