Die Pläne der Regierung zur präventiven Sicherungshaft potenziell gefährlicher Asylwerber sind nun auf dem Tisch. Kurz zusammengefasst: Ein Beamter des Amtes für Fremdenwesen und Asyl kann die Sicherungshaft anordnen, wenn er befindet, dass von einem Asylwerber eine „erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ ausgehe. Ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts habe die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung zu beurteilen, eine Haft bis zu sechs Monaten kann verhängt werden. Da geht es nicht, wie von Kanzler Kurz behauptet, nur um die Umsetzung der Aufnahmerichtlinie der Europäischen Union, die sowieso schon seit September 2018 Bestandteil der geltenden Fremdenrechtsnovelle ist. In diesem Fall ist die Sicherungsschubhaft mit einer „aufenthaltsbeendenden Maßnahme“ verknüpft und kompatibel mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und damit mit der österreichischen Verfassung.
Der vorgestellten Pläne der Kurz/Strache Regierung gehen weit darüber hinaus und sind ein Frontalangriff auf das verfassungsmäßig verbriefte demokratische Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit. Dieses wurde im jahrhundertelangen Kampf gegen Willkür und Gesinnungsjustiz erkämpft, streckenweise verloren wie beispielsweise unter der faschistischen Naziherrschaft, und wieder erkämpft. Wie schnell aber die Aushöhlung geht, zeigt der Prozess gegen die Tierschützer vom „Verein gegen Tierfabriken“ 2010/2011. Ein zentraler Tatvorwurf war die Bildung einer kriminellen Vereinigung (Paragraph 278aSTGB), ein Tatbestand, der willkürlichen Vorwürfen gegen unliebsame oder „potentiell gefährliche“ Personen oder Gruppen Tür und Tor öffnet. Nach langer Prozessdauer, Repressionen und Lügen wurden im Mai 2011 alle Angeklagten freigesprochen. Der Willkür wurde in diesem Fall letztendlich doch Einhalt geboten.
Alle Versuche, von Innenminister Kickl, Kanzler Kurz oder Justizminister Moser eine Antwort darauf zu bekommen, was denn mögliche Gründe für die Verhängung einer Sicherungshaft sein könnten, waren ergebnislos. Es ist ja auch ziemlich schwierig, Menschen als potenzielle Gefahr für die nationale Sicherheit oder das Leben der Anderen zu verurteilen, bevor sie eine Straftat konkret geplant oder begangen haben. Kickl zeigte dann doch kreative Ansätze und konnte einen möglichen Grund nennen. Ein Asylwerber, der dem Asylbeamten gleich mitteilt, dass er allen Ungläubigen die Köpfe abschlagen möchte, wäre ein Fall für die Sicherungshaft. Schwer zu glauben, dass diese Gesinnungstat dem Beamten mitgeteilt werden würde. Aber vielleicht reichen Pauschalverdächtigungen gegen muslimische Asylwerber aus?
Für die Verfassungsänderung, die für die Sicherungshaft notwendig ist, ist eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich. Diese scheint momentan nicht in Reichweite, auch wenn es in der SPÖ Leute wie den burgenländischen Landeshauptmann Doskozil oder den Wiener Bürgermeister Ludwig gibt, die in der Sicherungshaft ein so effizientes Mittel zur Gewalteindämmung sehen, dass es nicht nur Asylwerber, sondern auch Österreicher betreffen soll. Oder vielleicht ist Doskozil nur so um- und weitsichtig, dass er weiß, dass eine Verfassungsänderung, die nur für Asylwerber gelten solle, dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen und deshalb nicht halten würde?
Diese Hürden und die vielen Einwände von Menschenrechtsexperten oder Juristen betrachtend, fragt man sich doch, was hinter der Vehemenz, mit der gegen Asylwerber vorgegangen wird, steckt - in einer Zeit, wo die eiskalte Flüchtlingspolitik von Kurz, Orban und Gesinnungsfreunden schon längst die Flüchtlingszahlen in Mitteleuropa drastisch reduziert hat. Gerade jetzt, wo das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen im Vergleich zu 2015 fast leer wirkt, wird es demonstrativ in AUSREISEZENTRUM umbenannt. Natürlich steckt Ausländerfeindlichkeit dahinter, natürlich muss die Regierung das Dauerthema, für das sie gewählt wurde, ständig neu bedienen. Und natürlich müssen sie Ängste schüren, vor den potenziell kriminellen Asylwerbern, damit sie als Retter der braven Österreicher punkten können. Und sie brauchen die ständige Befeuerung des Ausländer- und Asylantenthemas, um die Politik des Umverteilens und des sozialen Kahlschlags so lang wie möglich in den Hintergrund zu drängen. Es ist dringend notwendig, dieser Politik an allen Ecken den Kampf anzusagen und der Regierung der Industriellenvereinigung den Boden wegzuziehen, auf dem sie auch ihre menschenverachtende und menschenrechtswidrige Asyl- und Flüchtlingspolitik betreibt.