Stadt Wien erlässt Bescheid für Stadtstraße und blockiert EInsprüche

Ohne neue Stadtautobahnen würde die Welt untergehen

Bei dem nun erlassenen Bescheid betreffend Änderungen des Projekts Stadtstraße und Autobahnknoten Seestadt-Ost geht es primär darum, dass wesentlich mehr Nachtarbeiten erfolgen sollen.

Einige Schmankerln:

1) Auf Seite 57 werden Einwendungen zum Thema Klimawandel brüsk juristisch abgeschmettert. Es heißt dort, unter Bezugnahme auf den Gutachter zum Thema "Humanmedizin":


"Dazu hält der Sachverständige für den Fachbereich Humanmedizin fest, dass Bauaktivitäten grundsätzlich in allen Nutzungsbereichen (sowohl in städtischen als auch in ländlichen) anzutreffen seien, sodass auch in Hinblick die Streubreite von Erkrankungen spezifisch nachteilige Wirkungen auf ein bestimmtes Krankheitsgeschehen durch das gegenständliche Projektvorhaben nicht ableitbar seien. 
Zu den angesprochenen Themenbereichen Klima, Erholung und Lebensqualität sei festzustellen, dass die Vorbringen Überlegungen zu Themenbereichen anstellen, die sich auf lange Zeitspannen erstrecken und nicht durch die in der Vorhabensbeschreibung dargestellten kurzfristigen, vorübergehenden Immissionsexpositionen nachteilig beeinflusst werden.  .......  Bei den Vorbringen bezüglich der Auswirkungen auf das Klima handelt es sich nicht um Einwendungen im Rechtssinn, da das UVP-G 2000 kein subjektiv öffentliches Recht hinsichtlich Klima gewährt."

2) Die U-Bahn-Verbindung zur Seestadt würde, wenn das Projekt verwirklicht wird, neun Wochen lang stillgelegt werden (weil drunter der Straßentunnel gebaut werden soll, das wäre also gleich westlich vom Camp Wüste, wo dicht neben der Hochleistungsstraße-Tunnelrampe auch eine Schule geplant ist, Turnen und Unterrichtspausen zwischen Lärm und Abgasen sozusagen):


"Eine vertiefte Risikobewertung für die Querung unter der U-Bahnlinie U2 führte zur Optimierung des Vorhabens. Um die Gefährdung des laufenden Bahnbetriebs zu vermeiden, wurde von den Wiener Linien eine Totalsperre mit 9 Wochen begrenzt. Zur Einhaltung dieser Zeitfenster sind Arbeiten in der Nacht- und Wochenendzeit zwingend erforderlich."  (Seite 14)

3) Normalerweise gäbe es eine aufschiebende Wirkung, wenn es zu diesem Bescheid Beeinspruchungen gibt. Hier wird aber mit jämmerlichen, an den Haaren herbei gezogenen Jammer-Argumenten behauptet, dass es für die Öffentlichkeit so grauenhafte Nachteile gäbe, dass man auch dann, wenn es eigentlich jetzt noch weitere juristische Einsprüche gibt, mit dem Bau beginnen können solle. Dazu heißt es unter dem Punkt römisch III:


Laut Seite 42 würde ein Aufschub bewirken, dass Umplanungen und Neuausschreibungen zu einer Verzögerung des Baubeginns um drei Jahre führen würden. Dadurch würde das 460 Mio Euro teure Projekt nochmals um ca 21 Mio Euro teurer werden. Dies wird so begründet:
In der nördlichen Seestadt könne man dann 2000 Wohnungen für 4500 Menschen vorerst nicht bauen (weil es keinen Autobahnanschluss plus Stadtstraße zur Südosttangente gäbe), deshalb würden -zig Millionen an "Bau-Investitionen" nicht gemacht werden, und aus dieser Summe wird abgeleitet, dass 6.700 Arbeitsplätze (!) verloren gehen würden. (Völlig absurd, diese Milchmädchenrechnung!!!!) Vier Mio Euro Grundsteuer und 160 Mio Euro Umsatzsteuer würden nicht eingenommen werden, aufgrund der Projektunsicherheit seien keine Betriebsansiedlungen in der nördlichen Seestadt möglich, und die "erfolgreiche Erfüllung des Masterplans für die Errichtung der Seestadt" werde "fortschreitend nachhaltig beschädigt". (Seite 43)
Der Sachverständige für das Thema Luftschadstoffe erdreistet sich offenbar sogar zu behaupten, dass man das Projekt raschestens bauen müsse, um die "Emissionen zu reduzieren":
"Nach der Stellungnahme des Sachverständigen für den Fachbereich Luft vom 7. Juli 2021 ist die Ausführung der Antragstellerin grundsätzlich schlüssig und nachvollziehbar, dass durch die im Zuge der ehest möglichen Realisierung des Projekts gewährleistete Flüssigkeit des Verkehrs die Emissionen reduziert werden."

Das Resumée auf Seite 44:
"Nach Abwägung der Interessen der Antragstellerin und der öffentlichen Interessen mit den Interessen der anderen Verfahrensparteien ist festzustellen, dass die gravierenden Nachteile für das öffentliche Wohl und die gravierenden Nachteile für die Antragstellerin, die ohne Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eintreten würden, jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde den anderen Verfahrensparteien entstehen. Die aufschiebende Wirkung ist daher auszuschließen."

4) Baumfällungen (weit über 100 Bäume, siehe auch das zweite Attachment):


Auf Seite 30 findet sich folgender Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte:
"Die Bäume Nr. 445, 452, 454, 455, 456, 458, 459, 461, 462, 463, 465, 466, 468, 470, 471, 472, 473, 481, 484, 485, 486, 487, 489, 498, 1001, 1002, 1007, 1008, 1010, 1013, 1014, 1018, 1021, 1023, 1023/A, 1024, 1024/A, 1025, 1025/A, 1025/B, Z002, Z003, Z004, Z005, Z006, Z007, Z008, Z009, Z010, Z011, Z012, Z013, Z014, Z015, Z016, Z017, Z018, Z019, Z020, Z021, Z022 und Z023 sind der Errichtung des aus dem Plan ersichtlichen Straßenbauvorhabens hinderlich und können bei Durchführung des Projektes nicht erhalten bleiben. Ob das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Bauvorhabens das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes - gemäß § 4 Abs. 1 Ziffer 5 des Wr. Baumschutzgesetzes - bedeutend überwiegt, ist nicht von hieramts zu beurteilen."

Auf Seite 34 findet sich folgende "Abwägung":
"Die Entfernung der restlichen 78 im Spruch genannten Bäume ist rein durch die Verwirklichung der Straßenbauvorhaben „Stadtstraße Aspern“ und „Anschlussstelle Seestadt Ost“ bedingt, weshalb gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 Wiener Baumschutzgesetz zu prüfen war, ob bei diesem Verkehrsprojekt das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend überwiegt.
Der Sachverständige für Verkehr führte in seinem Gutachten vom 27. April 2021 aus, dass aus verkehrlicher Sicht die Projektänderung keine Auswirkung auf die ursprüngliche Bewertung habe. Bei Unterbleiben der zu ändernden Vorhaben sei aufgrund der zu erwartenden Verkehrszunahme in der Ostregion von +79% eine durch überlastete Hauptstraßen zu erwartende Verkehrsverlagerung ins untergeordnete Straßennetz im Ausmaß von +59% zu erwarten.
Das öffentliche Interesse an der Verwirklichung wird aus Sicht des Sachverständigen für Verkehr mit sehr hoch bewertet.
Der Sachverständige für Baumschutz führte zur Frage, wie hoch das Interesse an der Erhaltung der Bäume, für die nur eine Entfernung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 Wiener Baumschutzgesetz möglich ist, aus, dass diese 78 Bäume als vital ohne wesentliche Fehler und Mängel eingestuft werden. Die hohe Anzahl an vitalen Gehölzen resultierte aus der Tatsache, dass es sich um relativ junge schnellwüchsige Bestände, welche sich überwiegend aus Pionierarten und Neophyten zusammensetzen, handle. Dieser Umstand wirke sich mindernd auf eine Bewertung aus. Unter Berücksichtigung, dass der Grünraumverlust nicht durch die Durchführung von Ersatzpflanzungen, im Rahmen der Grünraumgestaltung bzw. des Begleitgrüns der aktuellen Erweiterung, geplant beziehungsweise möglich sei und dadurch kompensiert werde, belaufe sich das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes auf “mittel”.
Somit besteht ein sehr hohes öffentliches Interesse an der Verwirklichung der Straßenbauvorhaben „Stadtstraße Aspern“ und „Anschlussstelle Seestadt Ost“ und ein mittleres Interesse an der Erhaltung der Bäume.
Die Verwirklichung der Straßenbauvorhaben „Stadtstraße Aspern“ und „Anschlussstelle Seestadt Ost“ überwiegt daher das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend."